Der Fall

Die Aktiengesellschaft (AG) verlangte von einem Mitglied des Aufsichtsrats der AG als Gesamtschuldner die Rückzahlung von Vergütungen für Beratungs- und Unterstützungsleistungen wegen der Verletzung der §§ 113, 114 AktG. Die Beratungs- und Unterstützungsleistungen wurden nicht vom Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern von einer GmbH erbracht, an der das Aufsichtsratsmitglied allein beteiligt und er alleiniger Geschäftsführer war. Die GmbH wurde ebenfalls gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der geleisteten Vergütungen in Anspruch genommen.

Zusätzlich verlangte die AG von den Vorständen und den anderen Aufsichtsratsmitgliedern der AG als Gesamtschuldner Schadensersatz in Höhe der Nettozahlungen der an das Aufsichtsratsmitglied/GmbH geleisteten Vergütungen gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG bzw. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG.

Das Urteil

Rückforderung der Vergütung vom Aufsichtsratsmitglied

Das Gericht verurteilte das Aufsichtsratsmitglied und die GmbH zur vollständigen Rückzahlung der von der AG erhaltenen Vergütungen.

Das Gericht entschied, dass Dienstverträge mit einem Aufsichtsratsmitglied (oder seiner GmbH) über Tätigkeiten, die das Aufsichtsratsmitglied schon aufgrund seiner Organstellung zu erbringen hat, nach § 113 AktG unzulässige Vergütungsvereinbarungen – und nach § 134 BGB nichtig – sind.

Nach § 114 AktG sind nur Verträge über Dienst- oder Werkleistungen zulässig, die nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen.

„Zur Vermeidung von Umgehungen muss der Beratungsvertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglichen, ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt und ob der Vertrag darüber hinaus keine verdeckten Sonderzuwendungen – etwa in Form einer überhöhten Vergütung – enthält. Dazu gehört, dass die speziellen Beratungsgegenstände und das dafür zu entrichtende Entgelt so konkret bezeichnet werden, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art und den Umfang der Leistung sowie über die Höhe und die Angemessenheit der Vergütung bilden kann. Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nicht nach § 114 Abs. 1 AktG genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 113 AktG nichtig ….“  LG Köln, Urteil vom 05. Juli 2019 – 82 O 89/18

Letztlich wurden keine wirksamen Aufsichtsratsbeschlüsse über die Zustimmung zu Verträgen über Dienst- oder Werkleistungen mit der GmbH gefasst, welche nach § 114 AktG erforderlich sind.

Schadensersatz der AG gegen den Vorstand und zwei Aufsichtsratsmitglieder der AG

Das Gericht verurteilte den Vorstand und den Rest-Aufsichtsrat zu Schadensersatz in Höhe der Nettozahlungen der Vergütungen nach § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG bzw. §§ 116 S. 1, 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG.

Der Vorstand der AG hatte die GmbH mit Dienstleistungen beauftragt, die den §§ 113, 114 AktG widersprechen. Die zwei verbleibenden Aufsichtsratsmitglieder hatten ihre Aufsichtsratspflichten verletzt, indem sie es zuließen, dass das Aufsichtsratsmitglied/GmbH in nicht genehmigungsfähiger Weise, ohne Aufsichtsratsbeschlüsse und entgegen den §§ 113, 114 AktG mit Dienstleistungen beauftragt und dafür honoriert wurde.

Unsere Empfehlung

Aufsichtsräte einer AG müssen ebenso penibel wie der Vorstand die Voraussetzungen der §§ 113, 114 AktG einhalten, um eine wirksame Zustimmung zur Beauftragung eines Aufsichtsratsmitglieds für Dienst- oder Werkleistungen gegenüber der AG in den Händen zu halten.

Aufsichtsrat und Vorstand haben zu prüfen, ob die Leistung des Aufsichtsratsmitglieds Organleistung nach § 113 AktG ist oder Fremdleistung nach § 114 AktG. Der Leistungskatalog der Fremdleistung muss bestimmbar und abgrenzbar zur Organleistung sein. Es ist Aufgabe des Vorstands, die Auftragsverhältnisse mit einem Aufsichtsratsmitglied so genau schriftlich zu fixieren, dass dem Aufsichtsrat eine Prüfung möglich ist, nach der eine verdeckte Sondervergütung ausgeschlossen werden kann. Anderfalls steht die Rückzahlung der Vergütung vom begünstigten Aufsichtsratsmitglied und die Haftung des Vorstands und des weiteren Aufsichtsrats im Raum.

Frank Löffler
Frank LöfflerRechtsanwalt
Frank Löffler ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht und der Kanzleiinhaber.