Im Gesellschaftsrecht erfährt die Schenkungssteuer große Bedeutung. Die Schenkungssteuer erfasst Schenkungen unter Lebenden und damit auch unmittelbar oder mittelbar unter Gesellschaftern einer Gesellschaft bzw. Mitgliedern einer Genossenschaft.

Grundsätzliche Voraussetzungen für die Besteuerung einer Schenkung

Nach 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) setzt die Schenkungssteuer im Gesellschaftsrecht

  • eine freigebige Zuwendung z.B. des Gesellschafters A an den Gesellschafter B,
  • eine objektive Bereicherung des Gesellschafters B,
  • eine Bereicherung auf Kosten des Gesellschafters A und
  • den Bereicherungswillen des Gesellschafters A voraus.

Gesellschafter A ist im Schenkungssteuerrecht der Zuwendende und Gesellschafter B der Zuwendungsempfänger.

Schenkungsteuerpflichtige Vorgänge im Gesellschaftsrecht sind vielfältig und können teuer werden.

Jeder Vermögensvorgang zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft (z.B. Verzicht auf Darlehen, verdeckte Einlage, Einziehung des Geschäftsanteils, Ausschluss des Gesellschafters, Erwerb eigener Anteile, Zeichnung von Genossenschaftsanteilen in personalistisch strukturierten, kleinen Genossenschaften, Umwandlungsvorgänge usw.) ist sorgfältig daraufhin abzuklopfen, ob die Voraussetzungen für eine Schenkung mit der Folge einer Schenkungssteuerpflicht vorliegen.

Besonderheiten bei der Genossenschaft

Zählt eine Genossenschaft nur eine sehr kleine Mitgliederzahl, hat diese Genossenschaft auf der anderen Seite ein sehr hohes Vermögen, ähnelt sie insoweit einer Personengesellschaft bzw. einer personalistisch strukturierten Genossenschaft.

Beispiel:

Die Genossenschaft hat insgesamt zehn Mitglieder. Jedes Mitglied hält einen Geschäftsanteil an der Genossenschaft. Auf jeden Geschäftsanteil wurden 1.000 € eingezahlt.

Die Genossenschaft verfügt über ein Verkehrswertvermögen in Höhe von 10 Million €.

Ein Geschäftsanteil verkörpert ein anteiliges Vermögen an der Genossenschaft in Höhe von 1 Million €. Jedem Genossen steht wirtschaftlich gesehen ein anteiliges Verkehrswertvermögen an der Genossenschaft in Höhe von 1 Million € zu.

Schenkungsteuerlich sind disquotale Erhöhungen von Geschäftsanteilen durch bestehende Mitglieder (Altmitglieder) oder die Neuaufnahme von Genossenschaftsmitgliedern (Neumitglieder) zu durchleuchten. Konkret sollen

  • die Zeichnung fünf neuer Geschäftsanteile durch fünf Altmitglieder und
  • die Neuaufnahme von fünf Neumitgliedern mit jeweils einem Geschäftsanteil in die Genossenschaft

behandelt werden.

Erster Fall

Im ersten Fall wird mit der Zeichnung der fünf Geschäftsanteile zu satzungsmäßig jeweils 1.000 € Zeichnungsbetrag durch fünf Altmitglieder das anteilige Vermögen an der Genossenschaft jedes einzelnen Genossenschaftsmitglieds verändert.

Sind nach der Zeichnung fünf weiterer Geschäftsanteile nun 15 Geschäftsanteile vorhanden, verkörpert jeder Geschäftsanteil ein anteiliges Vermögen an der Genossenschaft (statt 1 Million €) nun 666.667 €.

Die fünf Altmitglieder, welche einen neuen Geschäftsanteil für jeweils 1.000 € zeichneten, können sich über ein Vermögen an der Genossenschaft in Höhe von nun 1.333.333 € erfreuen. Mit einem Einsatz von 1.000 € gelingt ihnen ein anteiliger Vermögenszuwachs an der Genossenschaft in Höhe von 333.333 €.

Die weiteren fünf Altmitglieder, die sich an der Zeichnung neuer Geschäftsanteile nicht beteiligten, verloren jeweils einen anteiligen Vermögenswert an der Genossenschaft in Höhe von 333.333 €. Ihr anteiliges Vermögen an der Genossenschaft beträgt jeweils (statt 1 Million €) jetzt nur noch 666.667 €.

Zieht man den Einsatz in Höhe von 1.000 € für die Zeichnung der Geschäftsanteile ab, entstand für die Zeichner ein bereinigter anteiliger Vermögenszuwachs von 332.333 €.

Nach 7 Abs. 8 ErbStG gilt der als Reflex zu behandelnde anteilige Vermögenszuwachs bei den Genossenschaftsanteile zeichnenden Altmitgliedern als eine steuerverstrickte Schenkung. Die zeichnenden Altmitglieder sind Steuerschuldner. Unter Berücksichtigung von Freibeträgen ist auf den Vermögenszuwachs individuell zu errechnete Schenkungssteuer zu zahlen.

Zweiten Fall

Im zweiten Fall erhöht sich die Mitgliederzahl in der Genossenschaft auf 15. Die Altmitglieder der Genossenschaft verlieren jeweils ein anteiliges wirtschaftliches Vermögen in Höhe von 332.333 €. Die Neumitglieder erhalten für den Einsatz von 1.000 € Zeichnungsbetrag ein anteiliges Vermögen in Höhe von 332.333 €.

Auch hier liegt nach § 7 Abs. 8 ErbStG ein als Reflex zu behandelnder Vermögenszuwachs bei den Neumitgliedern als steuerverstrickte Schenkung vor. Die zeichnenden Neumitglieder sind Steuerschuldner. Unter Berücksichtigung von Freibeträgen ist auf den anteiligen Vermögenszuwachs von 332.333 € die individuell zu errechnende Schenkungssteuer zu zahlen.

Es ist noch einmal klarzustellen, dass diese Beispiele nur auf kleine, personalistisch strukturierte Genossenschaften mit sehr wenigen Mitgliedern und sehr hohem Vermögen gelten. Diese kleinen Genossenschaften müssen wirtschaftlich Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften mit personalistischer Struktur ähneln.

Verweis auf einen ausführlichen Beitrag zur Schenkungssteuer im Gesellschaftsrecht

Einen ausführlichen Beitrag zur Schenkungssteuer können Sie unter  Schenkungssteuer im Gesellschaftsrecht nachlesen.

Frank Löffler
Frank LöfflerRechtsanwalt
Frank Löffler ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht und der Kanzleiinhaber.