Begriff, Funktion und Arten

Eine Due Diligence (DD) ist eine Prüfung des Unternehmens vor dem Unternehmenskauf in rechtlicher, wirtschaftlicher, technischer etc. Hinsicht vor Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags. Die Due Diligence zielt auf eine Gewährleistungsfunktion, eine Risikoermittlungsfunktion, eine Wertermittlungsfunktion und eine Beweissicherungsfunktion für den Käufer ab.

Die Praxis treffen Sie auf folgende Formen der Due Diligence: Vendor Due Diligence, Legal Due Diligence, Technical Due Diligence, Environmental Due Diligence, Cultural Due Diligence, Commercial Due Diligence, Financial Due Diligence, Human Resources Due Diligence.

Pflicht des Käufers zur Durchführung einer Due Diligence?

Der Käufer ist grundsätzlich nicht zur Due Diligence verpflichtet (BGH, Urteil vom 10. Juni 1988 – V ZR 125/87). Er ist auch grundsätzlich nicht verpflichtet, die Angaben des Verkäufers zu überprüfen (BGH, Urteil vom 18. März 1977 – I ZR 132/75).

Zu beachten ist jedoch § 377 HGB, denn danach besteht die Pflicht des Käufers, das erworbene Unternehmen zu überprüfen, wenn für beide Seiten ein Handelskauf gegeben ist (strittig). Die Überprüfung findet aber erst nach Kauf und Übergabe des Unternehmens statt. Den Unternehmenskäufer trifft lediglich die Pflicht, im Rahmen des Unternehmenskaufs eine eigene grobe Fahrlässigkeit zu vermeiden.

Nach § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Käufer Rechte wegen eines Mangels nicht geltend machen, wenn der Mangel ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Anders kann der Käufer Rechte wegen eines Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Beispiel: Anhaltspunkte, die auf eine Wert- oder Brauchbarkeitsminderung des Unternehmens schließen lassen, werden vom Käufer übersehen.

Die Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence besteht ausnahmsweise bei Private Equity Transaktionen, Art 18 Abs. 1 und 2 AIFM-VO:

  1. Die AIFM lassen bei der Auswahl und laufenden Überwachung der Anlagen große Sorgfalt walten.
  2. Die AIFM gewährleisten, dass sie hinsichtlich der Vermögenswerte, in die der AIF investiert, über ausreichende Kenntnisse und ausreichendes Verständnis verfügen.

Rechtsfolgen der Durchführung der Due Diligence

Anspruch auf Schadensersatz

Dem Käufer eines Unternehmens kann ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung des Verkäufers zustehen, § 280 BGB. Die Schadenshöhe richtet sich grundsätzlich nach § 249 Satz 1 BGB. Verletzt der Käufer seine Pflichten, kann der Schaden wegen Mitverschuldens kleiner ausfallen, § 254 BGB.

Eine Pflichtverletzung des Verkäufers liegt zum Beispiel vor, wenn er falsche Angaben zum Jahresumsatz oder/und im Jahresabschlusses des Zielunternehmens macht (BGH, Urteil vom 06. Dezember 1995 – VIII ZR 192/94).

Eine Pflichtverletzung liegt auch dann vor, wenn der Verkäufer seinen (sonstigen) Aufklärungspflichten gegenüber dem Käufer nicht nachkommt (BGH, Urteil vom 06. Dezember 1995 – VIII ZR 192/94BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 – VIII ZR 335/89).

Die Aufklärungspflichten des Verkäufers sind durch die Möglichkeit der Durchführung einer DD oder Einsicht in alle gewünschten Gegenstände, Unterlagen etc. erfüllt (BGH, Versäumnisurteil vom 28. November 2001 – VIII ZR 37/01). Gegebenenfalls sind gesteigerte Sorgfaltspflichten des Verkäufers zu beachten (BGH, Urteil vom 04. April 2001 – VIII ZR 32/00), wenn zum Beispiel der Erwerber nicht sachkundig ist (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 28. November 2001 – VIII ZR 37/01).

Verjährung von Schadensersatzansprüchen

Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche nach § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB verjähren grundsätzlich nach 2 Jahren.

Schadensersatzansprüche wegen unrichtiger Angaben im Rahmen der DD verjähren gemäß § 199 BGB§ 195 BGB nach 3 Jahren.

Wegen der kurzen Verjährungsfristen empfehlen wir eine sorgfältige DD.

Verletzung der Wahrheitspflicht

Eine Verletzung der Wahrheitspflicht durch den Verkäufer kann arglistiger Täuschung zur Anfechtung nach § 123 BGB führen. Liegt eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung vor, zum Beispiel das Ausnutzen einer Notlage, kann § 826 BGB anwendbar sein und Schadensersatz gefordert werden. Hiergegen kann sich der Verkäufer wiederum schützen, indem er eine DD zulässt.

Interessengegensatz bei beteiligten Vertragsparteien

Non Disclosure Agreement (NDA)

Das Interesse des potentiellen Käufers ist die Erlangung möglichst umfassender Tatsachen sowie die Ermittlung und Gewinnung von entscheidungsrelevanten Informationen zum Zielunternehmen.

Der Verkäufer hat nur ein geringes Interesse an umfassender Offenlegung der wirtschaftlichen, technischen oder rechtlichen Verhältnisse des Zielunternehmens gegenüber einer fremden Person, insbesondere dann, wenn sie ein Konkurrenzunternehmen führt.

Wir empfehlen deshalb die Vereinbarung detaillierter Geheimhaltung- und Nichtverwendungsverpflichtung des Interessenten mit hoher Vertragsstrafe vor Beginn einer DD. Zu beachten ist aber, dass die Vertragsstrafe wesentlich geringer sein kann, als der Erkenntniswert des Konkurrenten aus einer DD.

Konkurrenzschutz kann z.B. eine Vereinbarung über Abwerbeverbote (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2014 – I ZR 245/12) oder schrittweise Zulassung ins Herzstück des Unternehmens bieten.

Kann/darf der Veräußerer dem Käufer überhaupt die gewünschten Informationen verschaffen?

Ist der Veräußerer Alleingesellschafter/Alleininhaber des Zielunternehmens, bestehen grundsätzlich keine Schranken bei Informationsherausgabe. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Verkäufer sich gegenüber Dritten (z.B. Lizenzgeber) zur Verschwiegenheit oder Nichtverwendung verpflichtet hat.

GmbH

Ist der Verkäufer nicht alleiniger Gesellschafter einer GmbH, kann der nach § 51a GmbHG sein eigenes Informationsrecht nur gegen den Geschäftsführer geltend machen. Der Geschäftsführer kann Informationen gegenüber dem Verkäufer verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Verkäufer die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet und nicht unerheblicher Schaden bei GmbH entsteht. In diesem Fall kann der Verkäufer dem potentiellen Käufer erforderliche Auskünfte nicht weitergeben.

Der Geschäftsführer darf ein Informationsrecht des Gesellschafters nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses verweigern.

Umstritten ist, welche Mehrheit für die Zulassung der Durchführung einer DD durch den potentiellen Anteilskäufer erforderlich ist. Es wird bis zum heutigen Tag alles vertreten:

Das LG Köln (Urteil vom 26. März 2008 – 90 O 11/08 und ein Teil der Literatur verlangt Einstimmigkeit, um eine Due Diligence durchführen zu können. In der Literatur wird auch lediglich eine ¾ Mehrheit verlangt, da selbst für strukturändernde Beschlüsse eine ¾ Mehrheit reicht. Denkbar ist auch eine einfache Mehrheit, weil § 51 a Abs. 2 GmbHG auch nur einfache Mehrheit erfordert. Letztlich wird auf die Anteilsverhältnisse abgestellt. Hält der Verkäufer 25% oder mehr Anteile, besteht Zustimmungspflicht, weil sonst eine sog. faktische Vinkulierung besteht.

Das Informationsrecht muss jedoch zurückstehen, wenn begründete Zweifel an einer zuverlässigen Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht zum Nachteil der GmbH besteht (KG Berlin, Beschluss vom 23.12.1987 – 2 W 6008/87).

Enthält die Satzung der Gesellschaft allerdings eine sog. Drag-Along-Klausel (die übrigen Gesellschafter haben sich verpflichtet, auf Verlangen des Veräußerers, ihre Gesellschaftsanteile mit an den potentiellen Käufer ebenfalls zu verkaufen), können die übrigen Gesellschafter die Due Diligence-Prüfung nicht verhindern.

Eine Geheimhaltungsverpflichtung zwischen der Zielgesellschaft (GmbH) und Dritten darf der Verkäufer nach seiner Treuepflicht nicht an den Kaufinteressenten weiterleiten. Besteht gegenteilige Sorge, ist die Informationserteilung durch Geschäftsführer an den Verkäufer unzulässig. Für die Zielgesellschaft besteht dann ein erhöhter Geheimhaltungsbedarf, wenn andernfalls Schadensersatzansprüche des Dritten im Raum stehen. Das Informationsbedürfnis des Verkäufers ist andererseits treuwidrig, will er diese geheimen Informationen weitergeben.

Aktiengesellschaft

Ist der Verkäufer einer Aktiengesellschaft nicht alleiniger Aktionär, ist § 131 AktG zu beachten (kein Auskunftsrecht außerhalb der Tagesordnung in HV) Dem Verkäufer stehen nur der Jahresabschluss und der Lagebericht zur Verfügung.

Selbst wenn ein Vorstandsmitglied der Verkäufer ist, hat er zwar alle erforderlichen Informationen in seiner Eigenschaft als Organ, unterliegt aber dennoch der Geheimhaltung nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG.

Gleichwohl darf für den potentiellen Käufer vom Vorstand nach

  • einem Beschluss des Aufsichtsrats (einfache Mehrheit) und
  • einem Beschluss des Vorstands (einfache Mehrheit)

eine Due Diligence zugelassen werden, wenn der Käufer ein Letter of Intent (LOI) mit besonderer und im Verstoßfalle sanktionierter Vertraulichkeitsvereinbarung abgibt.

Nach Literaturmeinung ist § 51a GmbHG analog anzuwenden und dem Aktionär mit einer unternehmerischen Beteiligung ein Informationsrecht einzuräumen, wenn eine Due Diligence für Verkauf der Beteiligung erforderlich, was ab 25%iger Beteiligung des verkaufswilligen Aktionärs erreicht ist.

Ansonsten hat der Vorstand offene zwischen Geheimhaltungsinteresse (und Geheimhaltungspflicht nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG) und sonstigen Unternehmensinteressen einerseits und Informationsrecht des verkaufenden Aktionärs im Einzelnen abzuwägen. In die offene Abwägung ist zum Beispiel

  • die Ernsthaftigkeit des Erwerbsinteresses,
  • das Ausmaß und die Wahrscheinlichkeit der in Aussicht stehenden Vorteile für die AG,
  • die mögliche Gestaltung der Informationswiedergabe und die Gestaltung der DD sowie
  • die Gefahr der zweckwidrigen Verwendung der durch DD offen gelegten Informationen

einzubeziehen. Der Vorstand entscheidet in eigener Verantwortung nach pflichtgemäßem Ermessen über die Informationserteilung außerhalb der Hauptversammlung. Vor- und Nachteile der Informationspreisgaben sind sorgfältig abzuwägen (Interessen von verkaufswilligen Aktionär und AG), wobei als Leitlinie die Business Judgement Rule dient.

Mögliche Nachteile können zum Beispiel

  • die Preisgabe des Know-hows,
  • die Weitergabe von Dritte betreffende vertrauliche Informationen oder
  • Zerschlagungsfolgen der AG

sein.

Kommanditgesellschaft

In der Kommanditgesellschaft richtet sich das Informationsrecht des Kommanditisten nach § 166 HGB. Danach ist der Kommanditist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Darüber hinaus kann er die Rechte entsprechend § 51a GmbHG geltend machen.

Auch hier ist über das „ob“ und das „wie“ der Due Diligence durch Gesellschafterbeschluss zu entscheiden. Voraussetzung ist jedoch ein Verkaufsrecht des Kommanditisten, was am Erfordernis der Einstimmigkeit einer Verkaufszulassung scheitern kann. Denn nach dem Gesetz ist Einstimmigkeit für den Verkauf erforderlich, § 119 HGB, soweit der Gesellschaftsvertrag der KG keine anderen Mehrheitsverhältnisse regelt. Notfalls muss das Recht auf Verkauf und das Recht auf eine DD von den anderen Kommanditisten „abgekauft“ werden.

Due-Diligence-Verpflichtung des Vorstands bzw. Geschäftsführers?

Die Due Diligence ist eine spezielle unternehmenskaufrechtliche Ausformung der allgemeinen Pflicht des eigenverantwortlichen (§ 76 AktG) Vorstands zur sachgerechten Vorbereitung seiner Entscheidung, also sorgsame Sachverhaltsermittlung als Grundlage seiner Entscheidung, § 93 Abs. 1 AktG. Der Vorstand hat also die Aufgabe, eine sorgfältige Sachverhaltsermittlung vorzunehmen.

Der Vorstand setzt sich einer Schadensersatzpflicht aus, wenn die gebotene Sorgfalt nicht beachtet und eine unverantwortliche Überschreitung der Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, festgestellt wird (BGH, Urteil vom 21.04.1997 – II ZR 175/95).

Dennoch steht die Durchführung einer DD grundsätzlich im Ermessen des Vorstands, § 76 AktG. Eine absolute Verpflichtung zur Durchführung einer DD kann nicht angenommen werden. Besteht aber die Möglichkeit einer Due Diligence, sollte sie zur sorgfältigen Ermittlung der Grundlagen für eine unternehmerische Kaufentscheidung nicht ausgelassen werden.

Für Geschäftsführer einer GmbH gelten die vorstehenden Ausführungen analog (BGH, Urteil vom 4. November 2002 – II ZR 224/00).

Vertrauen Organe bei Durchführung einer DD auf sachverständige Dritte, liegt keine Haftung der Organe vor (unverschuldeter Rechtsirrtum BGH, Urteil vom 14. Mai 2007, II ZR 48/06), Voraussetzung ist aber – die Auswahl zuverlässiger Sachverständigen (hinreichende Sachkunde muss vorliegen)
durch den Vorstand/Geschäftsführer,

  • die Mitteilung aller für eine sachgerechte Auskunft erforderlichen Informationen an den Vorstand/Geschäftsführer,
  • die Prüfung des erteilten Rats auf Plausibilität durch den Vorstand/Geschäftsführer.

Außerdem muss der Vorstand/Geschäftsführer gutgläubig und ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, also unbeeinflusst von Interessenskonflikten, Fremdeinflüssen und ohne unmittelbaren Eigennutz handeln.

Die Darlegungs- und Beweislast für eingehaltene Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG liegt beim betroffenen Organ. Besondere Bedeutung kommt einer prägnanten, korrekten und nachvollziehbaren Dokumentation zu.

Schadensersatz der Organe ist möglich, wenn die Due Diligence durch ungeeignete Mitarbeiter des Käufers durchgeführt und/oder der Aufsichtsrat unzutreffend informiert wurde (OLG Brandenburg, Urteil vom 22.06.2006 – 1 U 34/03). Wenn Organe anderweitig ausreichend Informationen von Zielgesellschaft haben, kann auf DD verzichtet werden (ehemaliger Manager der Zielgesellschaft).

Bei mittlerem oder hohem Risikopotential, ist DD opportun. Ist eine Due Diligence vor dem Kauf der Zielgesellschaft nicht möglich, ist Post-Acquisition-Due Diligence zugunsten des Käufers zu vereinbaren und die Risiken im Zusammenhang mit der Qualität der Zahlenbasis, der Komplexität der Synergieziele, der Tragfähigkeit des Umsetzungskonzepts, der Neuausrichtung der Geschäftsführung, dem Umfang des Personalabbaus und andere Risikobereiche zu analysieren.

Wenn möglich, sollte eine aufschiebende Bedingung des Kaufvertrags vereinbart oder verstärkte Gewährleistungsrechte ausformuliert werden.